Rechtsprechung aktuell: Zeitwertkonto und Wertguthaben
Rechtsprechung aktuell zu Zeitwertkonten und Wertguthaben insbesondere für Geschäftsführer einer GmbH oder Organen einer Gesellschaft
In der ersten Jahreshälfte 2016 geisterten Kommentare und Artikel zu einem Urteil des BFH durch die deutsche Presselandschaft (Handelsblatt, Der Betrieb etc.) die sich mit der Thematik von Zeitwertkonten oder auch Lebensarbeitszeitkonto genannt, für Organe von Gesellschaften beschäftigten.
Leider haben sich fast alle Verfasser dieser Artikel nur unzureichend mit der Urteilsbegründung des besprochenen BFH-Urteils Az. I R 26/15 auseinandergesetzt. Denn abweichend von den Leitsätzen, die in dem Artikel weitestgehend richtig wiedergegeben wurden, spricht das Urteil eine ganz andere, im Zweifel sogar gegensätzliche Sprache.
In den beiden Leitsätzen zu dem Urteil übernimmt der BFH zunächst die Formulierung des umstrittenen BMF-Schreibens vom 17.06.2009 („Zeitwertkonten vertragen sich nicht mit dem Aufgabenbild des Gesellschaftergeschäftsführers einer GmbH“). Dies klingt nach einer Grundsatzentscheidung, die jedoch in dem Urteil keineswegs auch so begründet wird. Der zweite Leitsatz und das Urteil beschäftigen sich nämlich ausschließlich mit der Problematik der verdeckten Gewinnausschüttung.
Hierzu muss man zunächst wissen, dass sowohl im Altersteilzeitgesetz, als auch im Flexi II zu Lebensarbeitszeitkonten der Gesetzgeber allen Angestellten die Möglichkeit der Errichtung eines Zeitwertkontos einräumt.
Bis zum Jahre 2009 war dies auch für Geschäftsführer und sogar Gesellschaftergeschäftsführer gängige Praxis. Erst mit dem Schreiben vom 17.06.2009 des BMF´s galt dieser Grundsatz nicht mehr, denn hier findet sich diese ominöse Formulierung, dass sich ein Zeitwertkonto oder Wertguthaben nicht mit dem Aufgabenbild des Organs einer Gesellschaft verträgt. Eine schlüssige Begründung dafür bleibt das BMF schuldig.
Zu dieser Thematik sind weiterhin Rechtsstreite auch vor dem BFH anhängig. Im Rahmen von Anrufungsauskünften zu diesem Thema haben Oberfinanzgerichte mehrfach entschieden, dass Zeitwertkonten sehr wohl für Geschäftsführer angelegt werden können. Das hier vorliegende Urteil trifft jedoch lediglich Aussagen zur verdeckten Gewinnausschüttung. Grundsatz bei jeder verdeckten Gewinnausschüttung ist das Problem des Drittvergleiches und das die entsprechende Vereinbarung klar und deutlich im Voraus zu treffen ist.
In dem hier entschiedenen Fall wurde anscheinend ganz konkret gegen beide Grundsätze verstoßen. Das Wertguthaben wurde bereits angespart, bevor eine diesbezügliche Regelung getroffen wurde, ganz konkret: „Ab Oktober 2005 wurden Lohnbestandteile in das Zeitwertkonto eingebracht, aber erst im Dezember 2005 die nötige Vereinbarung zum Wertguthaben, die Wertguthabenvereinbarung geschlossen.“ Und es liegt ggf. keine dem Drittvergleich standhaltende Vereinbarung zum Wertguthaben vor. Im Umkehrschluss würde dies jedoch folgendes bedeuten:
- Ist eine Vereinbarung zum Wertguthaben (die Wertguthabenvereinbarung) zwischen der Gesellschaft und den Organen der Gesellschaft vereinbart worden, die dem entspricht, was ein ordentlicher Kaufmann mit einem fremden Dritten vereinbaren würde, so hat diese Bestand (Rd.Nr. 11 und 12 des Urteils).
- Wenn diese Vereinbarung im Voraus getroffen wird, so ist diese nicht zu beanstanden (Rd.Nr. 20 des Urteils).
Dies hieße also, wenn diese beiden Voraussetzungen erfüllt werden, sind Wertguthabenvereinbarungen für Geschäftsführer zu akzeptieren und unterliegen nicht der verdeckten Gewinnausschüttung. In diesem Sinne hätte auch der Leitsatz lauten müssen.
Da wir selbst einen Rechtsstreit zu dieser Problematik vor einem Finanzgericht führen, bleibt eine bindende höchstrichterliche Entscheidung noch abzuwarten.
Berlin im Juli 2016